ABOUT
Nina Plaskovas Kunst beruht auf ihrer eigenen Beobachtung, ihrer Erfahrung, ihrem Gefühl. Das Drängende, Halbbewusste - Alpdruck, Nachtmar, Tagtraum, Traumtagebücher, Zeichnungsräume, die erscheinen, als wären sie mit Ruß von flackernden Flammen irgendwie von selbst aufs Papier gekommen…
Höhlenmalereien, Schattenrisse, die bei aller Märchenhaftigkeit die Spuren des kindlichen Selbst zu einer unmittelbaren Bedrohung der vernünftigen, gezähmten, erwachsenen Lebensführung machen.
In der pathologischen Sammlung erkennt sie in den deformierten Ungeborenen einen unterdrückten Teil ihrer selbst. Sie spiegelt ihre Kreativität darin und führt imaginäre Gespräche. Damit setzt sie auf eine befreiende Weise Ängste, die in uns allen mehr oder weniger verborgen lauern, mit unschuldiger Befragung schachmatt. Sie gibt uns einen Impuls und zeigt in Zeiten fortschreitender Selbstoptimierung, worum es sich dabei handelt: Optimierungs-Wahn!
Sich der (eigenen) Morbidität zu stellen, scheint in ihrer Übersetzung plötzlich nicht nur als das normalste von der Welt - es ist das Korrektiv, der dunkle Resonanzraum, ohne den die oberflächliche Perfektionierung des Menschen selbst ins Monströse wuchert.
Die Parallelwelten, die die Künstlerin uns mit ihren Zeichnungen, Texten und Objekten verstörend intensiv entwirft, stehen in auffälligem Kontrast zu der direkten, lebensbejahenden und durch und durch rationalen Person der Künstlerin.
Wenn sie von ihren Arbeiten erzählt, ist da nur verschleiert vieles von dem bedeutungsvollen Raunen und dämonisch untergründigen, das einen bei der Betrachtung ihrer Arbeiten sofort packt…
Ihr gelingt das seltene Kunststück, ihren Innenwelten künstlerisch freien Lauf lassen zu können, Zugriff zu haben zu diesen existentiellen Abgründen, die die meisten von uns instinktiv aus unserer Lebenswirklichkeit verbannen, und gleichsam mit Blick von außen amüsiert auf ihre eigenen Ungeheuer schauen zu können, sie behutsam und spielerisch zu begleiten, ohne daß irgend etwas davon an Tiefe und Ernsthaftigkeit verliert.
Dieser Spagat macht es ihr möglich, sich eine sehr große Bandbreite und Vielfältigkeit künstlerischer Ausdrucksformen zu erarbeiten. Sie schöpft aus sich selbst heraus und entwickelt ein eigenständiges Vokabular, mit dem sie hintergründig in die Welt hinein agiert. Die Konzentration auf die existentiellen Tiefen nicht nur der menschlichen und tierischen Kreatur scheint mir in Zeiten, wo die Verlockung groß ist, Kunst in den Dienst tagesaktueller Themen zu stellen, von enormer Bedeutung.
Else Gabriel (Künstlerin, Professorin kunsthochschule berlin weißensee)
Berlin, 08.03.2020
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Nina Plaskova's art is based on her own observation, her experience, her feeling. The urgent, the semi-conscious-nightmare, daydream, dream diaries, drawing rooms that seem as if they somehow got on paper by themselves with soot from flickering flames...
Cave paintings, silhouettes that, for all their fairytalelike quality, turn the traces of the child's self into an immediate threat to a sensible, tamed, adult way of life.
In the pathological collection, she recognizes in the deformed unborn a suppressed part of herself. She reflects her creativity in it and conducts imaginary conversations. In a liberating way, she uses innocent questioning to check the fears that lurk more or less hidden in all of us. She gives us an impulse and shows us what it is all about in times of progressive self-optimisation: Optimization mania!
To face up to (one's own) morbidity suddenly seems in its translation not only to be the most normal thing in the world - it is the corrective, the dark resonance space without which the superficial perfection of the human being itself grows into the monstrous.
The parallel worlds that the artist creates with disturbing intensity in her drawings, texts and objects stand in striking contrast to the direct, life-affirming and thoroughly rational person of the artist.
When she talks about her works, there is only a veiled impression of the meaningful murmur and demonic undercurrents that immediately grab you when you look at her work...
She succeeds in the rare feat of being able to give her inner worlds artistic freedom, to have access to these existential abysses which most of us instinctively banish from our reality, and to be able to look at her own monsters from the outside with amusement, as it were, and to accompany them gently and playfully without any of this losing its depth and seriousness.
This balancing act enables her to develop a very wide range and variety of artistic forms of expression. She draws from herself and develops an independent vocabulary with which she acts in a profound way in the world. Concentrating on the existential depths not only of the human creature seems to me to be of enormous importance in times when the temptation is great to put art at the service of current issues.
Else Gabriel (artist, professor weißensee school of art)
Berlin, 08.03.2020
Nina Plaskova entwirft unablässig archaische, mythische oder märchenhafte Szenarien. Ihr von Ortswechseln und Umzügen geprägtes Aufwachsen zwischen der Republik Tschechien und der Schweiz verarbeitet die Künstlerin in der Form einer stark autobiographisch geprägten Kunst, die sich aus den Reservoirs von persönlichen Kindheitserinnerungen ebenso speist wie aus der Bewegung der Romantik und ihrem sozialen Umfeld. Eine zentrale Rolle spielen hier Ninas Träume, die den Dreh- und Angelpunkt ihrer Arbeit bilden und über die sie ein akribisches Traumtagebuch führt. Aus diesem bringt sie immer wieder Traumsequenzen zur Aufführung und Ausstellung in ihren solide und handwerklich gekonnt gearbeiteten Werken. In der Arbeit „Dialog der Eingelegten“ beispielsweise verarbeitet sie einen Traum von ihrer eigenen Fehlgeburt über die Recherche im Berliner Medizinhistorischen Museum – zu einem Wimmelbild von comicartigen Fratzen, die einen von einer bemalten Wand entgegenblicken. Hier verschwimmen Traumerinnerung und Fantasie, Realität und Imagination zu einer Hieronymus-Bosch-haften Wandmalerei, zu der sie narrativ eigene Geschichten hinzuerfindet: Allesamt Alter Egos, verwandte und versponnene Wesen und Seelen, mit denen Nina auf empathische Weise dialogisiert und kommuniziert. Ebenfalls durch eigene Träume inspiriert ist ihre Arbeit „Die Begegnung mit einem dicken, schwarzen Fisch“, in der sie tierische Traumartefakte aus Speckstein entwirft: So sind z.B. die Objekte „1.333, 1.879 und 1.500“ ebenfalls Materialisierungen eigener Gefühle, die über die Tiersymbolik zur Aufführung gebracht werden. Dazu fertigt sie digitale Prints an und erfindet eine Sound-Installation über Begegnungen, die so surreal wie unsere eigenen Träume sind. Diese Arbeit an autobiographischem Material und Dokumenten aus dem eigenen Leben und Erleben verleiht Ninas Arbeit eine große Glaubwürdigkeit und Authentizität, die sich formal aber immer schlüssig auflöst.
Knut Ebeling (Philosoph, Medientheoretiker und Kunstkritiker)
Berlin, 06.03.2020
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Nina Plaskova constantly creates archaic, mythical or fairy-tale scenarios. Growing up between the Czech Republic and Switzerland, a process marked by changes of location and relocation, the artist has processed her work in the form of a strongly autobiographical art that draws on the reservoirs of personal childhood memories as well as the Romantic movement and her social environment. Nina's dreams play a central role here, which form the pivotal point of her work and about which she keeps a meticulous dream diary. From this she repeatedly brings dream sequences to performance and exhibition in her solid and skilfully crafted works. In the work "Dialogue of the Potted", for example, she processes a dream of her own miscarriage through research in the Berlin Museum of Medical History - into a hidden object of comic-like grimaces that face you from a painted wall. Here, dream memory and fantasy, reality and imagination blur into a Hieronymus-Bosch-like mural painting, to which she adds her own narrative stories: All of them are alter egos, related and spun creatures and souls, with whom Nina dialogues and communicates in an empathic way. Also inspired by her own dreams is her work "The Encounter with a Big Black Fish", in which she designs animal dream artefacts made of soapstone. The objects "1.333, 1.879 and 1.500", for example, are also materializations of her own feelings, which are performed via animal symbolism. She makes digital prints and invents a sound installation about encounters that are as surreal as our own dreams. This work on autobiographical material and documents from her own life and experience gives Nina's work a great credibility and authenticity, which formally but always conclusively dissolves.
Knut Ebeling (philosopher, media theorist and art critic)
Berlin, 06.03.2020
https://www.itsliquid.com/interview-nina-plaskova.html
https://www.kunstforum.de/nachrichten/weissensee-kunsthochschule-berlin-mart-stam-preise-vergeben/
https://deeds.news/2022/11/mart-stam-preis-2022-weisensee-kunsthochschule-berlin-03-11-2022/
https://deeds.news/2023/03/untergrund-moma-in-der-vorhalle-der-u9-u-bundesplatz-14-04-16-04-2023/
https://www.culterim-gallery.com/artists/nina-plaskova
https://readymag.com/KeINKollektiv/2939543/
https://www.kunstforum.de/nachrichten/weissensee-kunsthochschule-berlin-mart-stam-preise-vergeben/
https://berlin.czechcentres.cz/de/blog/2022/03/3x3-contemporary-czech-art-mit-nina-plaskovou
https://www.gallerytalk.net/kunstfestival-ortstermin-21-reset/
https://www.gallerytalk.net/internet-explorer-kunst-online-2/
http://kunstquartier-bethanien.de/archivprojektraum
https://www.gallerytalk.net/berliner-kunstgriff-28-07-03-08-20/
http://www.meinblau.de/de/news.html
https://www.art-in-berlin.de/ausstellungs-text.php?id=11909
http://www.findglocal.com/DE/Berlin/1378502165498447/Mart-Stam-Gesellschaft
https://www.kh-berlin.de/projekt-detail/Project/detail/rundgang-2019-rueckblick-2978.html
studioview, photo by: Teo Petruzzi, Berlin 2022